Eigentlich wollte ich dir was ganz anderes schreiben, nämlich den zweiten Teil zum „Inneren Kind“.
Aber dann kam das Leben dazwischen und meine Begleiterin „die Depression“. Darum schreibe ich heute darüber – über meinen Umgang mit dieser Lebensbegleiterin und meine Gedanken dazu.
Vielleicht hilft es dir, das zu lesen und ggf. zu merken, dass du nicht allein bist mit deiner psychischen Erkrankung oder sonstigen Herausforderungen. Mir hilft es auf jeden Fall, es zu schreiben 😊.
Da war sie wieder….
Ehrlich gesagt, war ich ganz schön überrascht, dass sie so um die Ecke kam – aus dem Nichts.
Das war mein erstes Gefühl. Aber wenn ich genauer hinschaue, kam sie nicht aus dem „Nichts“. Sie hatte sich bereits angekündigt (ich hatte sogar schon Übungen und Selbstcoaching gemacht) und dann habe ich (mal wieder 😑!) ein Gefühl, nämlich MEIN Gefühl nicht ernst genommen. Und das war dann zu viel, dann hat sie noch mal ausgeholt….
Warum spreche ich freundlich über sie?
Es mag dir komisch vorkommen, dass ich freundlich über sie, meine Depression, spreche. Aber sie gehört nun mal einfach zu mir. Und wie alles, was zu uns gehört (oder sich durch Gefühle/Empfindungen zeigt), möchten auch diese Energie und die dahintersteckenden Gefühle gehört und gesehen werden. Deshalb denke ich inzwischen freundlich über sie. Das war nicht immer so. Viele Jahre wollte auch ich, dass die Gefühle der tiefen Traurigkeit und der Sinnlosigkeit einfach „weggehen“ 🤺.
Heute weiß ich, dass die Anerkennung meiner Depression (und meinen damit verbundenen Gefühlen) ein Schlüssel war, um wieder in die Freude zu kommen. Dabei ist „ein“ Schlüssel als Zahl gemeint. Es war ein Schlüssel von mehreren .
„Erste-Hilfe-Maßnahmen“, weitere Schritte und auch Herausforderungen
Ich erinnere mich noch an eine Coachingsitzung, bei der ich meine Traurigkeit fragen sollte, was sie mir sagen möchte. Ich kenne die konkrete Antwort nicht mehr, aber danach fing es an leichter zu werden und bergauf zu gehen 🧗.
Somit war es auch jetzt eins der ersten Dinge, die ich getan habe, als ich meine depressive Verstimmung wahrgenommen habe – ich habe sie gefragt: „Was machst du hier“, „Warum bist du wieder da“? „Was möchtest du mir zeigen?“.
Mit den Antworten habe ich dann im Selbstcoaching gearbeitet. Ich habe viele verschiedene Tools angewendet und versucht mir Zeit für mich und meine Genesung zu nehmen. Denn, wie sage ich immer 😉: „Seele braucht Zeit“. Natürlich waren auch Gespräche mit meiner „kleinen Claudia“ in meinem persönlichen Hilfspaket enthalten.
Sie zeigte sich in diesen Tagen stets traurig und wollte ganz viel getröstet werden. Es ist für mich so unglaublich spannend, das zu sehen. Ich habe mich ja bereits so viel um sie gekümmert, sie gestärkt und getröstet und viel mit ihr gemeinsam aufgearbeitet – und doch sind ihre Wunden noch nicht komplett verheilt. Denn auch das braucht Zeit und wiederkehrende Aufmerksamkeit! Jetzt war sie durch ein heftiges Thema im Außen, wieder total „im Film“ (zusätzlich zeigte sich in einer Imaginationsarbeit auch, dass es alte/übernommene Anteile waren, die hier eine Rolle gespielt haben). Auf einmal brauchte sie wieder intensiven Zuspruch und Trost. Und den hat sich bekommen 🫂🤗💕.
Nach ein paar Tagen sah ich sie in den Meditationen dann schon wieder im Sandkasten spielen (noch ruhiger als sonst) und später hat sie auch schon wieder geschaukelt. Darüber habe ich mich sehr gefreut und das aufkommende Gefühl in mir aufgesogen.
Das mit dem Zeit nehmen, fällt mir manchmal noch etwas schwer. Mein Glaubenssatz „Du musst arbeiten, du bist doch selbst und ständig“ säuselt mir manchmal noch ins Ohr. Früher war es „Du musst hart und schwer arbeiten und Arbeit darf ruhig weh tun! 👹“. Von daher ist dieser mildere Satz, in einer netteren Tonlage schon deutlich freundlicher und er kommt auch nur noch an Tagen durch, an denen ich dafür empfänglich bin, weil meine mentale Gesundheit etwas angegriffen ist. Von daher ist es kein ganz fester Glaubenssatz mehr (Glaubenssatz = ein Satz, an den wir glauben), sondern schon ein bröseliger Satz, der deutlich an Stärke verloren hat.
Weil das so ist, bin ich dann auch direkt körperlich krank geworden, mit einer dicken Erkältung 🤧. So habe ich alle Termine der Woche abgesagt und mich erstmal zwei Tage aufs Sofa gelegt (da war sie, die Zeit…). Als das Gröbste durch war, habe ich noch mal eine intensive Coaching-Session mit mir selbst gemacht und seitdem geht es wieder richtig bergauf 🧗🥳. Gestern Abend war sie dann wieder da, MEINE KRAFT. Ich habe mich so gefreut, dass ich direkt meinen Mann geweckt habe, ihm um den Hals gefallen bin und sagte „Sie ist wieder da, ich kann meine Kraft wieder fühlen!“ 🎉🥳🎈. Ich hatte „Pipi“ in den Augen, weil ich mich so sehr gefreut habe 🥲.
Warum kommen Depressionen manchmal zurück?
Dazu gibt es sehr vielfältige Erklärungen und Meinungen. Denn die Hintergründe und Auslöser dieser Erkrankung und auch die Herangehensweisen bezüglich der Behandlung sind sehr unterschiedlich. In diesem Blog findest du meine Meinung und meine Gedanken dazu.
Bei mir handelt es sich um eine psychogene Depression. Da bedeutet, dass sie reaktiv entstanden ist.
Und all meine Erlebnisse, Prägungen und Muster sind und bleiben ein Teil von mir. Auch wenn ich schon so viel mit ihnen gearbeitet habe. Sie werden ja nicht „weggemacht“, sie werden bearbeitet und dadurch entstehen (im optimalen Fall) zu den alten Reaktionswegen und Schutzstrategien neue Herangehensweisen und Lösungen. Oder aber alte Trigger werden nicht mehr bedient und dadurch entstehen andere/neue Verhaltensweisen und Reaktionen bzw. Nicht-Reaktionen 💫.
Faktisch gesehen, entstehen bei dieser Arbeit im Gehirn neue synaptische Verknüpfungen. Also neue, zusätzliche Verbindungen von Nervenzellen 🧠. Bei der Verarbeitung von Themen passieren natürlich auch noch andere Dinge in unserem Inneren. Ich schneide das Thema „Verarbeitung“ hier nur am Rande an, um es etwas klarer zu machen.
Nach ihrer Neubildung sind diese Verknüpfungen noch ganz zart und untrainiert. Es ist so, als ob erst mal mit einer Machete das Gestrüpp beseitigt wird, dann entsteht durch erstes, vorsichtiges Nutzen ein Trampelpfad. Durch vermehrte Nutzung wird dann später aus diesem Pfad ein Weg, dann eine große Straße und irgendwann eine Autobahn. Alte, vielgenutzte Verknüpfungen (also die unserer Muster, Prägungen und alten Strategien) hingegen sind bereits innere Autobahnen 🏎️💨.
Nutzen wir jetzt überwiegend unsere neuen Verknüpfungen, wächst die „alte Autobahn“ langsam zu. Die Verknüpfungen sind noch da, aber nicht mehr so schnell „befahrbar“.
Bei „Störungen“ passiert es jedoch manchmal, dass unser Unterbewusstsein auf so eine alte Autobahn zurückgreift und nicht auf eine „neu“ angelegte Straße. Nichts oder kaum etwas anderes in uns ist so stark, wie diese alten Programme, die in unserer frühen Kindheit (oder durch Trauma) entstanden sind.
Ob das passiert und wie schnell diese „alte Autobahn“ wieder genutzt wird, hat unter anderem damit zu tun:
- wie gut die neue Straße (neue Verknüpfungen im Gehirn) bereits ausgebaut ist
- wann die „alte Autobahn“ entstanden ist (0-5 Jahre ⚡)
- wodurch die „alte Autobahn“ entstanden ist (Trauma ⚡)
Wenn wir noch ganz klein sind, haben wir eine sehr hohe Neuroplastizität 🧠. D.h. Verbindungen in unserem Gehirn entstehen sehr schnell und stabil. Besonders bis zum zweiten Geburtstag ist das so, aber auch bis zum ca. fünften Geburtstag spuren sich Erlebnisse, Handlungen und damit verbundene Gefühle stark und nachhaltig ein.
Dinge, die wir in dieser Zeit gelernt haben, nehmen wir für bare Münze. Es ist unsere Wahrheit. Später entwickeln wir hieraus unsere Glaubenssätze und gestalten danach unser Leben (mehr dazu findest du in meinem Blogartikel „Was das „Innere Kind“ ist und warum es für deine Persönlichkeitsentwicklung unentbehrlich ist (Teil 1)“.
Und auch wenn wir unsere Abspeicherungen und Überzeugungen später als Unwahr entpuppen und daran arbeiten, kann es eben passieren, dass wir in einer „Notsituation“ zurück in diese alte Prägung fallen. Wir fahren dann wieder auf dieser „alten Autobahn“. Sie hat uns in unserer Vergangenheit das Leben gerettet (physisch und/oder psychisch) und will es auch dieses Mal tun.
Erlebnisse von traumatischem Ausmaß spuren sich außerdem außerordentlich tief in unserem Gehirn ein. Folglich führen uns „traumatisierte Gehirne“ manchmal auch zurück auf die „alte Autobahn“. Bei Traumata greifen auch noch andere Abläufe, auf die ich hier und heute nicht eingehe.
Wenn es sowieso nie weggeht, warum soll ich dann überhaupt an mir arbeiten?
Meine Antwort darauf ist, dass es das Leben lebenswerter macht und leichter 🌞. Die schweren (oder bei manchen Menschen auch aggressiven, ängstlichen, panischen …) Tage werden weniger und auch diese werden leichter. Die freudigen und leichten Tage überwiegen und das Leben macht wieder Spaß😎!
Außerdem füllen wir innerhalb einer guten Unterstützungsarbeit (Coaching, Therapie, …) unsere persönlichen Werkzeugkoffer und können uns so immer besser selber helfen. Darüber hinaus bemerken wir eine neue Episode auch frühzeitiger, so dass wir uns schneller um Hilfe kümmern können und es gar nicht so dunkel wird.
Das war bei diesem Mal meine größte Errungenschaft. Ich habe sie so schnell wahrgenommen und mit ihr gearbeitet, dass sie jetzt schon wieder nach innen verschwunden ist (oder wo auch immer sie gerade ist).
Zurück in meinem hellen Leben 🥳
So jetzt weißt du, warum hier noch kein zweiter „Inneres-Kind-Artikel“ steht und was ich stattdessen gemacht habe.
Ich feiere, dass ich wieder zurück in meinem hellen, gefühligen Leben bin und genieße meine Tage!
Bis bald,
Deine Claudia ❤️
P.S. Du kennst jemanden, der auch mit psychischen Erkrankungen zu tun hat? Leite meine Artikel gerne weiter. Ich freue mich, wenn ich Impulse geben kann, die Mut machen!
P.P.S. Eine kleine „Randnachfrage“: Gehören Depressionen nicht in die Hände von Therapeuten? Meine Gedanken und Erfahrungen dazu, warum ich persönlich beides kennengelernt habe und wie ich es in meiner Praxis handhabe, schreibe ich dir mal in einem anderen Artikel. Versprochen. Ich habe es mir bereits auf Termin gelegt 😅✍️📆.
P.P.P.S. Kleiner Spoiler: Wenn mein „Inneres-Kind-Paket“ fertig entwickelt ist, werde ich eins verlosen. Bleib also aufmerksam 😉.
Autorin: Claudia Süsens
https://coachingpraxis-
Hallo, ich bin Claudia, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Ganzheitlicher Coach und Karriere-Navigator-Coach. Ich unterstütze dich bei persönlichen und beruflichen Krisen, damit du (wieder) auf DEINEN Weg findest.
Raus aus der Krise, rein in die Gestaltung DEINES Lebens!
Vielen Dank für Dein Interesse, ich freue mich, dass Du hier bist!
Hallo Claudia,
ein wirklich toller Artikel, der auch nicht-oder noch nicht- betroffenen sehr gut erläutert, wie die Zusammenhänge sind und dass es Wege aus der Finsternis gibt.
Vielen Dank!
Inge
Liebe Inge,
ich freue mich, wenn der Artikel genau das erreicht. Wenn er Mut macht, sich auf den Weg zu machen, um den eigenen Weg herauszufinden.
Lieben Dank für dein Feedback, deine Claudia